Abreisetag aus Chemnitz. Wir werden vom Flughafen-Shuttle früh um 3:00 Uhr von zu Hause abgeholt und nach Dresden gebracht. Von hier fliegen wir zunächst nach Frankfurt und nach längerem Aufenthalt gegen 12:30 Uhr mit einer Lufthansa-Maschine nach Washington. Nach diesen ersten 8.5 Stunden Flug erreicht uns langsam die Müdigkeit. In Washington (DC) bekommen wir kurz unser Gepäck für die Immigration und den Zoll - wir nehmen es in Empfang, gehen 10m weiter und legen es wieder auf�s Förderband. Dann geht's weiter nach San Francisco mit einer hochmodernen Boing-777 mit Einzelplatz-Videobildschirmen. Ich kann es nur nicht so recht genießen, da mich schon beim Start die Müdigkeit übermannt. Nach der Landung in SFO geht's per Bus-Shuttle zu Alamo.
Hier will man uns zunächst einen KIA-Sportage andrehen, den wir aber wegen seines ungeschützten, offenen Kofferraumes ablehnen. Der 2. Versuch ergibt einen Oldsmobile Alero - ein ganz passables Auto, aber nicht so schön groß wie das Mietauto in Canada vor 2 Jahren. Im 2. Anlauf finden wir dann auch unsere vorreservierte TraveLodge. Wir hatten fataler Weise keine Telefonnummer mitgenommen und Kerstins Umsicht ist es zu verdanken, daß wir eine Anschrift von der Lodge hatten. Müde sinken wir in unser schönes Bett.
Wir verbringen zur "Akklimatisierung" einen Tag in San Francisco. Wir fahren zur Fishermans Wharf und stellen das Auto ganztägig für 12,-$ hier ab. Da die Fahrten nach Alcatraz ausgebucht sind, unternehmen wir eine Bootsfahrt nach Sausalito am anderen Bay-Ufer, von wo man einen herrlichen Blick auf die Downtown von San Francisco hat. Nach der Rückkehr aus Sausalito wollten wir eigentlich noch Cable Car fahren, aber es ist zu überlaufen und ein mitkommen ist nicht möglich. So fahren wir mit Trolleybus nach Downtown und gehen noch in einer Baseball-Kneipe amerikanisch-irisch essen.
Wir verlassen SFO über die Bay-Bridge und nehmen Kurs auf Yosemite. Der Tag vergeht mit fahren und Lebensmittel einkaufen (dauert beim 1. Mal ja immer lange). Unterwegs bekommen wir dann auch Obst an einem Stand an der Straße. Wie üblich im August ist Yosemite ziemlich voll.Am NP-Portal von Yosemite angekommen, bekommen wir einen der wenigen freien Campingplätze in Tamarak Flat - einem Campground mit Stream Water Supply (also naturbelassenem Bachwasser) an der Tioga Road. Aber immerhin müssen wir den Park nicht wieder verlassen, sondern können morgen etwas im Yosemite Valley unternehmen. Nach dem bärensicheren Verstauen unserer Lebensmittel im Eisencontainer unserer Campsite schlafen wir das erste Mal in unserem neu gekauften Zelt.
Wir fahren früh ins Yosemite Valley hinunter, was von Tamarack Flat aus fast eine Stunde dauert. Nach einer Stippvisite im Visitor Center entschließen wir uns zu einer kleinen Eingehtour. Wir steigen den Yosemite Fall Trail über Columbia Rock bis zu einer schönen Aussichtsstelle auf den Upper Yosemite Fall. Dort - nach 395 Höhenmetern - kehren wir wieder um. Nach einem Stop am El Capitan fahren wir noch nach Glacier Point und genießen die schöne Rundumsicht über das ganze Yosemite Valley. Von hier oben ist der Aufstiegsweg zum Half Dome in seiner Länge von 11.3 Miles Roundtrip-Entfernung recht gut zu sehen. Er ist unser morgiges Ziel. Kerstin und ich haben den Aufstieg auf den Half Dome schon einmal vor 4-5 Jahren versucht, es aber beide damals nicht bis auf den Gipfel geschafft. Am späten Abend wieder auf dem Zeltplatz zurück, packen wir noch die Rucksäcke für unseren morgigen Aufstieg auf den Half Dome.
Früh um 5:00 Uhr klingelt (oder besser fiept) mein Armbanduhr-Wecker. Draußen ist es dunkel und kalt, so daß wir uns nicht gleich zum Aufstehen entschließen können. Eigentlich haben wir noch nicht lange genug Urlaub für solche "Abenteuer". Aber wir rappeln uns auf und fahren ohne Frühstück ins Valley. Dort an den Parkplätzen am Straßenrand am hintersten möglichen Ende des Valleys angekommen holen wir das Frühstück auf der Kühlerhaube unseres Autos nach bevor wir unseren "very strenious" Mammut-Trip auf den Half Dome (2695m) angehen. Wir haben etwa 6.5 l Trinkwasser dabei, was an einem Sommertag für 2 Personen nicht zu viel ist. Zu Essen, die Teleskopstöcke für den Abstieg, Dokumente und ein Fleece-Shirt bilden fast unsere gesamte Ausrüstung. Für den Cable-Trail haben wir noch jeder eine 4m-Bandschlinge und einen Karabinerhaken dabei, die uns noch gute Dienste leisten werden.
Um 7:00 Uhr kommen wir vom Auto los und steigen in den folgenden Stunden kontinuierlich auf. Mehr als 300 Höhenmeter pro Stunde schaffen wir jedoch nicht - zum einen wegen der Wärme und zum anderen weil ja die horizontale Entfernung dazu kommt. Nach ca. 6.5 h sind wir in dem Sattel unterhalb des Half Dome, wo der Cable-Trail seinen Anfang nimmt. Nach kurzer Rast machen wir unsere Bandschlingen und Karabiner fertig (wir "basteln" uns daraus einen provisorischen Klettergurt mit Selbstsicherung), suchen uns in einer Steinkuhle liegende Handschuhe in halbwegs passender Größe aus und machen uns an den Aufstieg. Der Aufstieg über den Cable-Trail führt zwischen 2 mehr oder weniger straff gespannten Stahlseilen über glatte Granitplatten in senkrechter Linie auf den Half Dome. Alle 5-10m ist zwischen 2 Stahlstützen eine Holzbohle lose eingelegt, auf der man sich etwas ausruhen kann. Helfen kann ich hier Kerstin nicht, und als ich mich nach 1/3 des Aufstiegs mal umsehe, kann ich sie zwischen den vielen Nachfolgenden kaum ausmachen. Ich denke schon, daß sie umgekehrt ist, weil es vielleicht über ihre Armkraft gegangen ist.
Ich selbst fühle mich mit unserer primitiven Selbstsicherungstechnik recht komfortabel und stehe schon bald auf dem Gipfelplateau des Half Domes. Ich mache ein paar Fotos und bin schon am Zusammenpacken, da ich Kerstin auch nicht so lange warten lassen will - da kommt sie schließlich doch noch über den runden Gipfelaufbau herüber gelaufen. Sie hat es also doch noch geschafft, und die Freude ist groß. Wir genießen die totale Rundum- und Weitsicht über Yosemite so weit das Auge reicht.
Der Abstieg ist dann eigentlich noch einfacher als der Aufstieg - mit Sicherung kein Problem. Unsere Technik wird vielmals als "smart" bezeichnet und so mancher der mutigen amerikanischen Gipfelaspiranten wünschte sich wohl insgeheim ein solches Stück Bandschlinge. Zum Teil sehen deren Aktionen recht beängstigend aus. So turnen die Leute auf der geneigten Granitplatte beim Überholen und passieren des Gegenverkehrs free solo umeinander herum. Ein weinendes 12-jähriges Mädchen wird auf amerikanische Weise angespornt, sie schafft das schon und es wäre eine "one in a life time experience". Ein kräftiger Mann stemmt von hinten/unten seine noch viel "stämmigere" Frau auf den Half Dome. Außer uns begegnet uns während der 2 Stunden am Cable-Trail nur ein einziger junger Mann mit einem richtigen Klettergurt und Klettersteigsicherung. Man wundert sich, daß hier nicht mehr passiert...
Der Rückweg ist erwarteter Maßen anstrengend. Nach insgesamt 13 h Wegezeit (incl. aller Pausen), 22.6 Meilen Wegstrecke und je 1575m im Auf- und Abstieg sind wir wieder an unserem Ausgangspunkt am Auto angelangt. Wir baden noch zu Füßen von El Capitan im Yosemite River und wollen eigentlich noch im Yosemite Village etwas essen - aber 20:30 Uhr macht hier alles zu. Spät abends sind wir wieder auf dem Campingplatz, essen im Schein unserer Stirnlampen ein knappes Abendbrot und begießen unseren Gipfelerfolg mit einer Flasche Columbian Crest.
Heute morgen zeigt sich Yosemite und Kalifornien von einer unerwarteten Seite : es ist bedeckt und nieselt ab und zu. Wir wollten zwar eigentlich noch einen Tag in Yosemite bleiben, aber so bauen wir früh das Zelt ab und machen uns über die Tioga-Road auf ins Owens Valley. Durch das schlechte Wetter bietet die ansonsten wunderschöne Tioga-Road kaum Grund zum Verweilen; die Sicht auf die Berge ist schlecht. Kurzer Abstecher zum Mono Lake und seinen Calcium-Carbonat-Ablagerungen (Tufa-Rocks). Danach folgt eine recht eintönige Fahrt auf dem Highway südwärts bis Lone Pine. Wir beziehen den Zeltplatz, von dem ich 1994 meine Mt. Whitney-Besteigung begonnen habe. Wie damals herrscht ein so starker Südwind, daß das selber Kochen schwer vorstellbar ist. So fahren wir in den Ort und schlagen uns den Bauch auf amerikanische Art voll (Steak !).
Abends stattet uns dann auf dem Zeltplatz noch ein Stinktier einen Besuch ab. Es bleibt aber Gott-sei-Dank friedlich.
Früh machen wir uns auf bekannter Route auf den Weg von Lone Pine ins Death Valley. Es ist für örtliche Verhältnisse so gegen 12:00 Uhr mittag nicht übermäßig heiß - "nur" 35 Grad Celsius im Schatten. Wir besuchen Badwater Point (tiefster Punkt mit -86 m), den Artist Drive mit seinen bunten Felsen und Zabrisky Point beim Verlassen des Death Valley in östlicher Richtung mit Kurs auf Las Vegas. Die Fahrerei durch die Wüste ist wieder ziemlich eintönig (vorbei an Air Force Bases und Boot Camps / Prisons). Gegen 16:00 Uhr laufen wir in Las Vegas ein, steuern auf die Innenstadt zu und finden beim Verlassen des Highways mehr oder weniger sofort eine TraveLodge mit Pool für 39,-$. Wir akzeptieren, ruhen uns ein wenig aus und fahren so gegen 18:00 Uhr in die Stadt. Kerstin ist schon ganz heiß aufs Casino.
Wir laufen die Stripe auf und ab und sehen dabei das Luxor, Excalibur, NY-NY, Bellagio (hier sehr schöne nach Musik animierte Springbrunnen) und den künstlichen Vulkanausbruch nahe Treisure Island. Nebenbei wird noch in einem der Buffets gespeist und auch mal am Automaten gezockt. Doch 10,-$ sind unglaublich schnell verspielt und mal eben 200,-$ zuzusetzen trauen wir uns dann doch nicht. Aber die gebotenen Shows und die Pracht der Gebäude haben schon ihren Eindruck hinterlassen. Las Vegas ist toll, und wenn man mal 300,-$ richtig übrig hat, sollte man nochmal herkommen.
Las Vegas - Frühstück beim Mexikaner, dann durchqueren wir den Rest der Wüste zum Zion NP. Unterwegs noch kurz einkaufen. Leider sind beide NP Campgrounds belegt, aber wir kommen (etwas teurer) gleich vor dem NP-Eingang auf einem privaten Campground unter (16,-$ pro Nacht incl. Duschen+Pool). Wir lassen den Tag ruhig ausklingen. Morgen wird mal wieder gewandert.
Zion NP : früh Besuch im Visitor Center. Dann entscheiden wir uns für den Hidden Canyon, den wir 1-2 Meilen aufwärts verfolgen, bis ein Weiterkommen schwieriger wird. Es ist ein angenehmer Vormittags-Spaziergang mit ca. 260 Höhenmetern und 3h Weg hin und zurück. Das Nachmittagsprogramm bietet The Narrow Canyon mit Wat- und Bade-Einlage. Bei den angesagten Temperaturen eine sehr schöne Abwechslung. Der Canyon ist sehr schmal und auf seinem Grund fließt ein Bach entlang, der keinen Platz für einen Weg läßt. Also "wandert" man den Canyon so weit wie man möchte in dem Bach watend nach hinten. Hinter den Biegungen des Canyons tun sich immer wieder neue und schöne Ausblicke auf. Auch wenn der Bach nur wenig Wasser führt, so gibt es trotzdem Stellen mit stärkerer Strömung, und auch bis zur Hüfte kann das Wasser schon mal reichen. Vorsicht ist vor allem mit den Füßen im steinigen Bachbett geboten - Trekkingsandalen sind von Vorteil.
Noch am Abend vorher sieht es nach Gewitter aus, und es ist sehr stürmisch. Aber es bleibt nur sehr drückend heiß die ganze Nacht und regnet keinen Tropfen. Erst als wir früh zum Frühstück schreiten wollen, fängt es an zu tröpfeln. So raffen wir das Zelt zusammen und fahren einfach los. Unterwegs holen wir dann unser Frühstück bei bestem Wetter in einer Picknick Area nach. Da sind wir aber auch schon fast am North Rim - dem nördlichen Rand des Grand Canyons. Unser frühes Kommen zahlt sich beim Campingplatz aus, und wir bekommen einen sehr schönen Stellplatz. Dann brechen wir zum Canyon auf und besuchen Point Imperial, das Visitor Center mit dem Bright Angel Point (Blick auf den Canyon Trail vom South Rim zur Phantom Ranch am Grunde des Canyons) und Cape Royal mit dem Angels Window und Walhalla Lookout. Zwar führt auch vom North Rim ein Trail auf den Grund des Grand Canyons, wir hatten jedoch von Anfang an eine solche Trekkingtour aus dem Programm ausgeschlossen. Der Weg ist deutlich länger als vom South Rim aus und eigentlich nur mit Maultieren und in mehreren Tagen mit Übernachtung im Canyon zu machen (verbunden mit vorheriger Buchung und den entsprechenden Kosten). Abends zurück auf dem Campingplatz macht uns fast ein Gewitter einen Strich durchs Abendessen. Auch während der Nacht regnet es ergiebig und blitzt und donnert.
Überfahrt vom North Rim des Grand Canyon zum Bryce Canyon NP. Wegen der kurzen Entfernung sind wir wieder recht früh da. Kerstin kennt aber einen schönen Zeltplatz mit Waschgelegenheit und so erledigen wir heute unsere erste Wäsche. Zum späten Nachmittag fahren wir dann nochmal zum Bryce Canyon und genießen das Spiel der Farben beim Sonnenuntergang am Sunset Point (wo auch sonst ?).
Wir stehen um 5:45 Uhr auf, um den Bryce Canyon im Licht der aufgehenden Sonne zu erleben. Es ist dunkel und bitterkalt (den Tag vorher waren nachts nur 6 Grad Celsius; Bryce Canyon liegt eben doch etwas höher). Aber pünktlich zum Sonnenaufgang sind wir in Sunrise Point. Das Farbenschauspiel übertrifft eigentlich noch die Abendstimmung. Die Luft ist klarer und das Morgenlicht fällt voll in den halbrunden Talkessel von Bryce Canyon. Nach dem Sonnenaufgang und einen halben Diafilm später fahren wir wieder zu unserem Zeltplatz und legen uns nochmal für 1-2 h schlafen. Die Kälte ist zum Frühstücken doch zu arg. Gegen 10:45 Uhr gehen wir unseren Trail an, den wir uns ausgesucht haben. Er besteht aus einem Teil des Navajo Loop Trails, dem Peek-A-Boo Loop Trail und dem Trail durch Queens Garden. Über den Rim Trail kommen wir vom Sunrise zum Sunset Point zurück, wo wir unser Auto gelassen hatten. Insgesamt waren das ca. 8 km Weg, 450 Höhenmeter und 4:15h Wegezeit auf dem Weg durch diese Welt versteinerter Kleckerburgen. Abends besuchen wir dann noch eine Rodeo-Veranstaltung (das wäre nicht mein ständiges "Futter"; mit der Hand auf dem Herzen singen die anwesenden Amerikaner zu Beginn inbrünstig ihre Nationalhymne) und gehen noch gut in einem Steak-Restaurant essen.
Es wird ein langer Fahrtag - so an die 260 Miles von Bryce Canyon bis zum Arches NP. Zunächst geht es durch das Escalante Grand Staircase National Monument, das erst von Bill Clinton während seiner Präsidentschaft eingerichtet worden ist (also relativ neu ist) und seinen Namen zum einen nach dem Escalante River und seinem Canyon hat und zum anderen nach den 5 Stufen in der Landschaft hat, von denen jede aus einem anderen Gestein besteht. Wir halten mehrfach an schönen Stellen an und fotografieren. An einem Stand von Indianerinnen kaufen wir für Kerstin eine Hämatit-Halskette.
Nächste Station ist der Capital Reef NP, durch den wir nur hindurchfahren und zweimal Fotostops einlegen. Danach haben wir Hunger und fahren an einem Cafe (Mex./Tex. Food) mal raus. Es wird ein Mittagessen der merkwürdigeren Art. Unsere Bestellung nimmt die vielleicht 4-5 Jahre alte Tochter des Hauses auf und ein Säugling rutscht auch in der Gaststube herum, die offenbar gleichzeitig das Wohnzimmer der Familie darstellt. Vor dem Fenster eine total trostlose trockene, graue Landschaft, die einer Braunkohlehalde nicht unähnlich ist. Es ist und bleibt uns völlig unklar, wie man für sich selbst beschließen kann, hier sein gesamtes Leben zu verbringen. Aber zumindest das Essen schmeckt und ist reichhaltig, und so starten wir gestärkt zur zweiten Hälfte unseres heutigen Tagestripps.
An Capital Reef NP schließt sich hauptsächlich Wüste mit ellenlangen, geraden und eintönigen Straßen an (Speed checked by Aircraft). Lediglich Goblin Valley ist uns noch einen Abstecher wert, wenn es auch irre heiß in dem Tal ist und man sich gut 20 min. von der Hauptstraße wegbewegen muß. In dem Tal sind recht skurrile Steinformationen aus dem Wüstenlehm ausgespült worden, in denen man alle möglichen Figuren zu erkennen glaubt. Spät am Nachmittag erreichen wir Moab und folgen bei der Wahl des Campingplatzes der Empfehlung unseres Reiseführers --> "Slickrock Campground". Der Name ist Programm : geschotterte Plätze mit Bretterverschlägen, kein bißchen Grünes. Dazu Mücken, schnarchende Nachbarn in hörbarer Entfernung und nächtliche Hitze - nicht unbedingt das, was man im perfekten Urlaub im Land der unbegrenzten Möglichkeiten erwartet. Aber wir sind ja nur abends auf dem Campground - tagsüber sind wir in Arches NP unterwegs. Den Pool bzw. den Whirlpool zur Rückenmassage gönnen wir uns am Abend gern.
Wir erkunden den Arches NP. Nach dem Visitor Center fahren wir nach Devils Garden und absolvieren den Loop Trail zum Double-O-Arch und Landscape Arch. Der Trail ist durchaus zu empfehlen, da er unterwegs noch an einer großen Zahl anderer Arche vorbeikommt. Länge des Trails ist 11.6 km und immer gibt es mal Höhenunterschiede. Den Rückweg nehmen wir über den sogenannten "Primitive Trail" (also nicht für Rollstuhlfahrer ausgebaut). der Wasserverbrauch ist wieder beträchtlich. Am Nachmittag fahren wir noch in die Window-Section. Aber das Wetter hat sich tagsüber kontinuierlich verschlechtert, und die Sonne ist hinter einer durchgehenden Schichtbewölkung verschwunden. Trotzdem besichtigen wir noch die grandiosen Steinbögen der Window-Section und klettern unter ihnen herum. Zum Fotografieren wollen wir aber morgen früh nochmal wiederkommen.
Wieder in Moab regnet es auch tatsächlich. Wir machen uns stadtfein, gehen einkaufen, trinken in der örtlichen Microbrewery ein recht ordentliches Bier und kehren dann zu Lasagne und Riesen-Pizza in einen Pub an der Hauptstraße ein. Als die Schlacht geschlagen ist, sind wir beide mehr als satt. Zurück auf dem Campground gibt es wieder eine heiße und unruhige Nacht.
Heute nehmen wir Abschied vom Arches NP, der uns sehr gut gefallen hat. Auch wenn das Wetter weiterhin teils bedeckt und wolkig ist (dabei aber trocken), fahren wir früh in die Window Section zu unserem Fototermin. Angetan hat es uns der Double Arch - zwei Bögen die von einem gemeinsamen Pfeiler im 90-Grad-Winkel zueinander stehen. In einem Sonnenloch gelingen sogar recht schöne Aufnahmen von ihm. Anschließend fahren wir zum Trailhead des Trails zum Delicate Arch, dem Wahrzeichen des US-Bundesstaates Utah. Der Trail geht mäßig steil über geneigte Sandsteinplatten und man sieht den Delicate Arch erst, wenn man die letzte Felskette überklettert hat. Dann steht er aber recht majestätisch und ein bißchen unwirklich am Rand einer großen Sandsteinmulde. Das Herausfordernste an diesem kurzen Trip war die Verwirklichung des Wunsches, sich allein mit Delicate Arch fotografieren zu lassen. Nach dem Rückweg halten wir nochmal beim Balanced Rock an, der direkt neben der Straße steht.
Der Rest des Tages vergeht mit Fahrerei Richtung Salt Lake City. Die Landschaft ist ist zunächst tödlich einsame Wüste, wird dann höher und nimmt mit der Höhe auch von der Vegetation her alpinere Züge an. In der Nähe von Provo finden wir auf einem KOA-Campground (teuer aber gut) Unterkunft. Morgen wird Salt Lake City und der Tempel besichtigt.
Früh fahren wir nach Salt Lake City, das nur wenige Miles von Provo entfernt ist. Zunächst suchen wir den REI-Store auf - primär weil wir einem Freund versprochen haben, nach einer Avocet-Höhenmesseruhr zu sehen, aber auch aus allgemeinem Interesse. REI gehört im Outdoor-Bereich zu den besseren Ketten in den USA. Wir versorgen uns mit gefriergetrockneter Trail-Nahrung für unseren Mt. Shasta-Aufstieg, sonst haben sie nichts von besonderem Interesse.
Danach fahren wir ins Zentrum der City und stellen zunächst das Auto ins Parkhochhaus. Erstes Ziel ist natürlich der Bereich des Tempels der Mormonen, der "Church of Jesus Christ, Saints of the Latter Days". Nachdem wir uns schon ein wenig selbst umgesehen haben, werden wir direkt angesprochen - und ja, natürlich eine kostenlose Führung in deutscher Sprache beginnt gleich. Wir können solange im Schatten warten. Geführt werden wir dann von einer ca. 25-jährigen jungen Frau aus Nürnberg, die für ihre Religion glüht und 18 Monate (selbst finanziert) als Missionarin in Salt Lake City am Tempel Fremdenführungen macht. Neben ihrer eigenen religiösen Motivation bekommen wir den Tempelbezirk erklärt, das Tabernakel mit seiner großen Orgel und die Assembly Hall. Dann geht's zur religiösen Erbauung und Erleuchtung ins nördliche Besucherzentrum. Dieses ist zwar vom Tornado gezeichnet, der am 11.08.1999 SLC unmittelbar durchquert hat, aber das macht nichts. Vor einer alabasterweißen Jesus-Statue bekommen wir noch das Buch Mormon erläutert und könnten uns auch gleich die Missionare nach Deutschland ins Haus bestellen - wir verzichten jedoch dankbar.
Lohnend ist anschließend noch der Besuch auf der 26. Etage des Office-Gebäudes der Mormonen-Kirche mit schöner Aussicht auf den Tempelbezirk, die Innenstadt und das Parlament von Utah. Nach kurzem Stadtbummel machen wir uns auf, die Stadt in westlicher Richtung auf der Interstate-80 zu verlassen. Seit dem Arches NP bewegen wir uns jetzt wieder westwärts und haben also den östlichen Scheitelpunkt unserer Reise überschritten. Am Stadtrand von SLC machen wir noch einen kurzen Stop am Salt-Air, einem ehemaligen Vergnügungsbad am Ufer des Great Salt Lakes, das jedoch den starken Pegelschwankungen des Salt Lakes zum Opfer gefallen ist. Dann sind wir on-the-road-again und fahren, fahren, fahren, .....
Es sind 550 Miles (880 km) von SLC nach Reno in Nevada und das dauert seine Zeit. Wir kommen noch an den Salzwüsten (ausgetrockneten Salzseen) vorbei, auf denen die Hochgeschwindigkeitsrennen und -rekorde gefahren werden (Bonneville Speedway bei Wendover). Dann fahren wir noch auf der schnurgeraden I-80 durch eintönige Wüsten-Landschaft bis in die Nacht hinein bis nach Battle Mountain und übernachten in einem relativ teuren aber guten Motel.
Der Tag vergeht bis Mittag mit eintöniger Fahrerei durch die Wüste entlang der I-80 (wir werden uns ein T-Shirt machen lassen : "I survived I-80"). Erst gegen Mittag werden die Ansiedlungen häufiger, so wie man sich Reno nähert. Wir beschließen, die I-80 in Reno zu verlassen und in einem Casino Mittag zu essen (Reno dürfte nach Las Vegas die zweitgrößte Glücksspielstadt der USA sein - aber bei weitem nicht so prachtvoll). Wir essen also bei Fitzgerald und verspielen anschließend noch $4,50 am Pokerautomaten (was allerdings Spaß gemacht hat, auch Dank der recht häufigen Gewinne). Kerstin muß ich vom Spielautomaten losreißen, sonst hätten wir in Reno übernachten müssen.
Nachmittags fahren wir noch nach Virginia City - eine alte Silberstadt, die ganz gut erhalten und für die Touristen zurechtgemacht ist. Aber es ist wirklich noch vieles authentisch, vor allem die Saloons. Dann müssen wir uns langsam beeilen und uns um eine Übernachtungsmöglichkeit kümmern. Denn wir wollen heute noch zum Lake Tahoe und auf einem Campground an seinem Nordufer übernachten, was uns dann auch noch ohne große Probleme gelingt. Wir schaffen es sogar noch zum Sonnenuntergang an den Strand des großen und schönen Sees, der von wunderbarer Gebirgslandschaft umgeben ist.
Die Etappe für heute ist die Fahrt von Lake Tahoe North Shore zum Lassen Volcanic NP. Die Fahrt führt auf dem Highway 89 quer durch die nördliche Sierra Nevada, dabei aber etwas abseits der viel befahrenen Touristenrouten (die sich meist an den Highway 49 - das Gold Country - halten). Mittags machen wir Rast am Ufer des Lake Almanor und am frühen nachmittag kommen wir im Lassen Volcanic NP an. Dieser weist heute immer noch vulkanische Aktivität in Form von heißen Quellen auf und wir besuchen Sulphur Works und wandern den kurzen Trail zu Bumpass Hell (zwei Gebiete solcher Quellen). Aber im August fehlt zum teil das Wasser, um die hot spots eindrucksvoll erscheinen zu lassen. manche der heißen Erdöffnungen rauchen nur etwas müde vor sich hin und sind trocken gefallen. Lediglich in Bumpass Hell brodelts.
Für die nächsten 2 Nächte haben wir uns den schön gelegenen NP Campground am Summit Lake South ausgesucht. Da Lassen Volcanic NP selten sehr voll ist, haben wir mit dem Unterkommen keine Probleme und können uns einen schönen Platz unter hohen Bäumen aussuchen. Aber wie der Name sagt, liegt Lassen Volcanic NP etwas höher (so auf ca. 2400m), so daß es nachts recht kalt wird.
Wir schlafen früh schön aus. Die Nacht war wie erwartet ziemlich kalt und erst die Sonne bringt die notwendige Wärme, die genügend Motivation zum Aufstehen bringt. Nach dem Frühstück fahren wir zum Lassen Peak Trailhead unweit der Paßhöhe und machen uns an die unschwierige Besteigung auf gut sortiertem Weg. Für uns ist es eigentlich nicht mehr als eine Trainingseinheit für die Besteigung des Mt. Shasta, die wir in den kommenden Tagen unternehmen wollen. Nach 2h und 580 Höhenmetern stehen wir auf dem 3187m hohen Lassen Peak und bewundern die Aussicht. Selten vorher haben wir die Besteigung eines 3000ers erst gemütlich um 10:20 Uhr begonnen. Erst kurz vor dem Gipfel wird der Blick nach Norden und damit auf den Mt. Shasta frei, der gut zu sehen ist. Wir halten uns fast 1h auf dem Gipfel auf, schauen uns um und beobachten und fotografieren die zutraulichen Chipmunks. Nach 4h sind wir wieder am Parkplatz. Den Mittag und Nachmittag verbringen wir mit Ausruhen und Lesen auf den Wiesen des King Creek. Ein Ausflug zur Devastated Area zum späten Nachmittag bringt wenig Erleuchtung, da sich die Natur seit dem letzten Ausbruch des Lassen Peak in 1915 schon wieder ganz gut selbst geholfen hat und die Area gar nicht mehr so devastated ist.
Wir brechen früh unser Lager ab und fahren weiter vom Lassen Volcanic NP zum Mt. Shasta. Der Highway geht überwiegend auf dem Kamm der Sierra Nevada entlang. Zu beiden Seiten der Straße überwiegt dichter Wald, so daß man nur selten mal einen Ausblick erhaschen kann. Unterbrochen wird der Wald nur von kleineren Ranches und Ansiedlungen, die selten mehr als ein paar Häuser und einen General Store zu bieten haben. Dann Ankunft in Shasta City. Eigentlich ist es ein kleiner Ort, der im Winter vom Skilaufen lebt. Aber auch im Sommer hat ein 4000-er in Kalifornien seine Anziehungskraft, so daß der Ort sich deutlich von seiner Nachbarschaft unterscheidet. Wir holen uns zuerst in der örtlichen Ranger-Station unser Gipfel-Permit. Mittlerweile (seit 1994, als ich das erste Mal hier war und den Mt. Shasta damals alleine bestiegen hatte) haben sich hier auch zwei Dinge geändert :
Die Aufstiegsbedingungen sind gegenüber meiner ersten Besteigung von 1994 auch deutlich schlechter. Es ist sehr wenig Schnee am Berg im Vergleich zu vor 5 Jahren (damals war ich auch im Juli hier). Das erschwert den Aufstieg wegen des nun offen daliegenden Gerölls aus vulkanischem Gestein deutlich. Die Ranger empfehlen für den Aufstieg über die Normalroute (Avalanche Gulch), an der unteren Spitze des wegen seiner Form "The Heart" genannten Schnee-/Geröllfeldes nach links abzubiegen, dann die Rinne bis zum Fuß einer ca. 40 Grad steilen Firnflanke auszusteigen und diese dann im direkten Anstieg mit den Steigeisen zu bewältigen. Dann steht man auf einem Vorgipfelplateau von dem aus es in gemäßigtem Anstieg zum Gipfel geht. Da wir uns jedoch nicht sicher sind, ob der 40-Grad-Anstieg von Kerstin bewältigt werden kann, entscheiden wir uns für den klassischen Normalweg, der an "The Heart" rechts vorbei geht und in die "Red Banks" führt. Dies ist ein aus sehr bröseligem Vulkangestein bestehender Felsaufschwung von ca. 30-40m Höhe, den man durch ausgewaschene Rinnen/Chimneys erklimmen muß. Dort liegt bei derart wenig Schnee-/Firnauflage wie in diesem Jahr sehr viel loses Bröselgestein herum und das kann schnell zu Steinschlag führen. Wenn man ihn schon nicht selber auslöst, so besorgt das mit Sicherheit einer der Mitbesteiger am Berg, von denen es reichlich viele gibt. Und nicht alle sind so qualifiziert und umsichtig, wie man sich das vielleicht wünschen würde.
Im Besitz unseres Permits finden wir uns im Store von "The Fifth Season" ein und mieten 2 Eispickel und Steigeisen für mich (Kerstins Steigeisen haben wir wegen ihrer extrem kleinen Schuhgröße zur Vermeidung von Problemen von zu Hause mitgebracht). Dann fahren wir auf den örtlichen KOA-Campground, dessen Zeltstellplätze aber alle in einem recht finsteren und staubigen Pinienwald liegen. Wenigstens haben wir wieder mal eine Dusche - vor und nach einer Bergbesteigung auch eine nette Sache. Nachmittags waschen wir noch ein letztes Mal ein paar Sachen im Waschsalon des Campgrounds und suchen unser sonstiges Equipment zusammen.
Wir stehen normal auf und packen dann auf einem Stück Wiese unsere Rucksäcke für den Aufstieg auf den Mt. Shasta. Da ein Auf- und Abstieg an einem Tag in aller Regel nicht möglich ist, müssen wir uns auf eine Übernachtung in ca. 3000m Höhe einrichten. Das bedeutet u.a. Zelt, Isomatte, Schlafsack, Kocher und Benzin,... Trotz stark reduzierter Garderobe und einem Minimum an Essen komme ich mit meinem Rucksack unter geschätzten 20 kg nicht weg.
Wir fahren am zeitigen Vormittag nach Bunny Flat Trailhead (wobei unser Auto low fuel anzeigt - wir wollten es nicht auftanken und dann 2 Tage am Trailhead mit vollem Tank stehen lassen) und beginnen unseren Aufstieg. Der Weg bis zur Hütte des Sierra Club fällt uns leicht, und wir können uns gar nicht erklären, wie in dem Aufstieg durch den Wald 300 Höhenmeter versteckt sein können. Aber beim Abstieg am nächsten Tag waren die Höhenmeter dann tatsächlich da. Die Hütte des Sierra Club liegt am Waldrand, wo die hohe Vegetation aufhört und nach einem Streifen mit Gräsern und Büschen dann die vegetationslosen Schuttfelder beginnen. Auch gibt es hier an der Hütte die letzte Quelle mit bedenkenlos trinkbarem Wasser. Die Hütte selbst ist nicht zur Übernachtung gedacht (außer in Notfällen) und beherbergt während der Sommermonate einen Warden (für die Campgrounds im angrenzenden Wald rings um die Hütte) und einen Ranger, der jeden Tag mit auf den Gipfel steigt, die Gipfelpermits kontrolliert und auf Bergwanderer aufpaßt, die an ihrem persönlichen Limit ankommen.
Auf unserem weiteren Aufstieg nach Helen Lake steigen wir nach einer kurzen Rast an der Sierra-Club-Hütte noch 2 Etappen a 300 Höhenmeter und sind nach 4:00 h am "Zeltplatz" am Helen Lake (1040 Höhenmeter im Aufstieg). Der Helen Lake ist im eigentlichen Sinne gar kein See, sondern eine mit Schnee und Firn ausgefüllte Mulde in dem Taleinschnitt in der Südflanke des Berges, in der sich unter dem Schnee tagsüber Schmelzwasser sammelt und an 1-2 Stellen dann auch flüssig zu Tage tritt. Wegen der unbekannten Herkunft sollte man es trotzdem nicht unbehandelt trinken. Auch sollte man sich rechtzeitig mit Wasser versorgen, bevor die Sonne um die Bergflanke nach Westen entschwindet, weil dann der Wasserfluß recht schnell versiegt, da das Wasser über Nacht einfriert. Auch ist Helen Lake kein "Campground" im eigentlichen Sinne. Rund um die Firnmulde ist lediglich durch die Vorgänger-Bergsteiger das Felsengeröll zu Rondellen sortiert, in denen man sein Zelt aufbauen kann und so 1) einen einigermaßen ebenen Zeltuntergrund hat und 2) durch die aufgehäuften Steinwälle einen Schutz gegen die abends und nachts aufkommenden starken Fallwinde hat.
Als wir an Helen Lake ankommen, räumt eine Mannschaft gerade ihren Stellplatz mit Windschutz aus Steinringen in der Nähe der Trinkwasserstelle abseits des Hauptlagers, den wir uns gleich aneignen. Der nachmittag vergeht mit Kochen, beobachten der Aufstiegsroute, einem Talk mit dem Ranger der auch unsere Aufstiegspermits kontrolliert und sich im Gespräch von unserer "Bergtauglichkeit" überzeugt, und der Vorbereitung unserer Rucksäcke für den morgigen Aufstieg. Die Nacht beginnt ruhig, aber gegen 10:00 pm frischt der Wind unheimlich auf. Um unser Zelt mache ich mir wenig Sorgen - das Zelt duckt sich in die Geröllmulde und alle 4 zusätzlichen Abspannleinen sind gespannt und mit großen Felsbrocken beschwert. Aber es ist im Zelt durch die flatternde Zeltaußenhaut und das Top ziemlich laut, und der Schlaf bleibt eingeschränkt.
Um 3:20 Uhr klingelt der Wecker meiner Avocet-Armbanduhr, und es fällt uns erst ein wenig schwer, uns aus den warmen Schlafsäcken herauszurappeln. Aber dann stehen wir doch auf und starten ohne Frühstück unseren Aufstieg in sternklarer Nacht. Der Weg ist zwar ziemlich klar, aber wegen der gleich hinter dem Lager angeschnallten Steigeisen gilt es, die schneefreien Geröllpassagen zu reduzieren. Das gelingt mir jedoch ganz gut, indem ich mich an die Rutschspuren der Absteigenden vom Vortag halte (wegen des eingeschränkten Lichtkegels der Stirnlampen hat man ohne fremde Steigspuren nur eine beschränkte Weitenorientierung und findet nicht immer die optimale Aufstiegsroute im Gelände). Nach ca. 200 Höhenmetern macht mir Kerstins Verfassung einige Sorge, bei der sich ähnliche Symptome von "Überanstrengung" oder der Höhe zeigen, wie vor 2 Jahren am Mt. Rainier. Sie hat keinen Appetit, ihr ist flau im Magen und sie findet nicht den gewohnten Rhythmus im Aufstieg. Für die ersten (recht leichten) 275 Höhenmeter brauchen wir ca. 1.5 h. Aber irgendwie geht es dann - mit Studentenfutter in kleinen Dosen, etwas zu trinken und gelegentlichen kleinen Pausen - doch, auch wenn uns beiden die Besteigung deutlich schwerer fällt, als der Mt. Rainier vor 2 Jahren. Wahrscheinlich war damals unsere Akklimatisierung besser, da wir vorher mehr und höhere Bergtouren unternommen hatten.
Zunächst sind wir vom Lager über das breite Firnfeld aufgestiegen. Doch unterhalb des Heart Rock wird der Schnee/Firn langsam dürftig. Es existiert wenig mehr als die stark verfestigte und stellenweise in Blankeis übergehende Abstiegsspur vom Frühjahr, die stellenweise 1m über der Umgebung als Rippe stehengeblieben ist. Aber dieser Firnrippe zu folgen ist immer noch besser als die mögliche Alternative, nebenan im losen Felsgeröll aufzusteigen. Hier finden die Steigeisen wenigstens sicheren Halt. Da wir uns die 40 Grad steile Firnflanke im linken Teil des Tales (links von The Heart) als Ausstieg auf die Red Banks nicht sicher zutrauen (ohne Sicherungsmittel für den Fall der Fälle, wenn es Kerstin doch zu steil werden sollte), gehen wir auch im Aufstieg den rechten Tourverlauf.
Die Red Banks erweisen sich ohne Schnee als der reine zusammengepappte "Keks" (wie man bei uns im Sächsischen zu derartigem Bröselgestein sagt) und unterhalb der 2 Felsbänke erklimmen wir einen feinkörnigen, teils noch mit Wassereis zusammengefrorenen Schotterhaufen mit Steigeisen und Pickel. Nach einer kurzen Kletterstelle (Höhe ca. 4m) stehen wir bei Sonnenaufgang auf den Red Banks. Bei besseren Schneeverhältnissen gibt es für diese Kletterstelle eine Umgehung über den Rand des angrenzenden Gletschers. Aber wir haben in diesem Jahr eine bis an den Gletscherrand herüberreichende große Spalte und eine Randkluft vorgefunden, so daß es zu der Kletterei im Bröselkeks keine Alternative zu geben schien. Oben auf den Red Banks angekommen ist uns der Gipfel nun eigentlich nicht mehr zu nehmen (von hier an keine nennenswerten technischen Schwierigkeiten mehr), aber wegen des vielen losen Lavagerölls auf Misery Hill und auch danach noch ist es trotzdem noch eine starke konditionelle Anstrengung. Aber nach ca. 6h und 1140 Höhenmetern stehen wir in pfeifendem kalten Wind auf dem Gipfel des 4316m hohen Mt. Shasta. Nach 1/2 Stunde Rast und Gipfelfoto machen wir uns an den Abstieg.
Obwohl deutlich einfacher als der Aufstieg hat auch dieser seine Tücken. Die Kletterstelle an den Red Banks geht besser als gedacht, doch die Durchsteigung der Chimneys in diesem Keks ist wegen des vielen losen Gerölls auf dem abschüssigen Gelände und der "guten Aussicht" bei einem Sturz eine Zitterpartie. Zum Festhalten gibt es nichts. Kerstin gleitet auch einmal aus und kommt erst nach einem 1-2m Rutscher auf dem Bauch liegend wieder zum Stehen. Außer einem großen blauen Fleck gibt es jedoch zum Glück keine weiteren Blessuren.
Unterhalb der Red Banks erledigen wir die Hälfte des Abstiegs im Geröll neben der Eisrippe/-rinne. Das erscheint im Abstieg als die besser beherrschbare Option. Erst im flacher werdenden Gelände wechseln wir wieder mit Steigeisen auf das immer noch stellenweise steile Schnee-/Firnfeld, das auch stellenweise vereist ist. Nach 4:15h sind wir wieder bei unserem Zelt am Helen Lake (ca. gegen 14:15-14:30 Uhr) und fallen erstmal auf unsere Schlafsäcke - wir haben es geschafft !
Doch nach einem kurzen Ausruhen gewinnen wie am Mt. Rainier die starken Motivationen (Dusche, Steak und kaltes Bier) die Oberhand, und wir beginnen gegen 15:30 Uhr mit dem Zusammenpacken. Gegen 16:10 Uhr machen wir uns an den wegen des Gerölls nicht weniger anstrengenden Abstieg. Nach einer starken Willensleistung sind wir nach 3 3/4 Stunden (ca. 19:00 Uhr) wieder an unserem Auto in Bunny Flat Trailhead (1/2 Stunde Rast an der Sierra Club Hütte). Demnach haben wir an diesem Tag 2180m im Abstieg und 1140m im Aufstieg zurückgelegt - die Füße, Schultern und der Rücken sprechen ähnliches.
Der Abend vergeht mit unserem erneuten Einzug bei KOA�s, Duschen und einem schönen Abendbrot in einem Steakhouse, bei dem wir schon fast mit dem Schlaf kämpfen - schließlich sind wir seit 3:30 Uhr auf den Beinen. In der nacht wachen wir dann nochmal auf, weil der Wind erneut stark auffrischt und Donner zu hören ist. Sicherlich wäre es am Helen Lake eine interessante Nacht geworden, wenn es schon im Tal derart stürmisch ist.
Abschied vom Mt. Shasta. Wir schlafen lange, sortieren unser Auto erstmal wieder in seine gewohnte Ordnung um und machen den Versuch, unsere Bergschuhe vom Staub zu säubern. Dann geben wir Pickel und Steigeisen bei The Fifth Season ab und machen uns auf den Weg auf der I-5 nach Norden. Kurz hinter Shasta City fahren wir an einer Anschlußstelle noch mal von der Interstate ab, weil sich von hier aus der Mt. Shasta nochmal in seiner ganzen Schönheit über der Ebene erhebt und ein gutes Fotomotiv bietet.
Tagesziel sind heute jedoch die Oregon Caves, die wir dann am Nachmittag auch noch besichtigen. Wir zelten dann auf einem Waldcampingplatz der Forstverwaltung ein paar Meilen unterhalb der Caves. Zum Abendbrot gibt es Reis mit Tomatensoße und Kerstin läßt sich zu der Aussage hinreißen, daß Reis gut schmeckt - eine denkenswürdige Aussage von ihr, die hiermit für die Nachwelt festgehalten wird.
Wir starten wieder ziemlich spät. Der Mt. Shasta muß erst noch verdaut werden. Tagesziel heute sind die Northern Redwoods. Zunächst folgen wir noch dem Highway von den Oregon Caves bis zur Küste nach Crescent City, um dann auf die 101 nach Süden abzubiegen. Felsiger Strand wechselt mit Waldabschnitten oder sumpfigen Lagunen/Inlets. Der Küstennebel und das kalte Pacific-Wasser sind für Kerstin auch neu, die bisher nur die "warme" Pacific-Küste bei Los Angeles kannte. Davon unterscheidet sich der Pacific im südlichen Oregon gegen Ende August deutlich - vom kalten Fußbad im Pacific lassen wir uns jedoch nicht abhalten. Wir machen kurzen Stop in Eureka, um unseren abschließenden Aufenthalt in der TraveLodge in San Francisco um eine Nacht nach vorne auszudehnen. Beim 4. Telefonat bin ich dann endlich erfolgreich mit unserer Buchungsänderung.
Südlich von Eureka wechseln wir von der 101 auf die "Alley of the Giants" - einem sehr schönen Highway mitten durch die Redwood-Wälder, der sich z.T. mitten zwischen den Baumriesen entlangschlängelt und uns sehr gut gefällt. Die Ansammlung wirklich großer Bäume ist hier enorm. Wir kommen heute noch bis Founders Grove mit dem Abzweig nach Ferndale. Dem folgen wir ca. 5 Miles und treffen auf einen schönen Zeltplatz in einem Redwood-Hain. Zur Feier des Tages (es ist unser letzter Zeltabend) gibt es Lagerfeuer aus vom Ranger verkauften Redwood-Holz und eine Flasche guten kalifornischen Rotwein.
Es wird fast ein kompletter Fahrtag, denn bis San Francisco sind noch ca. 230 Meilen zu fahren. Trotzdem wechseln wir südlich des Humboldt- und Rockefeller-Forests von der 101-Autobahn auf den Küsten-Highway No. 1, der sehr kurvenreich aber landschaftlich schön ist. Diesem folgen wir bis südlich von Fort Bragg. Auf dem Highway 128 wechseln wir dann wieder auf die 101 und kommen dabei durch eine Weinanbaugegend. Mehr oder weniger spontan entschließen wir uns zu einem Vine Tasting auf Martz Vineyards. Bei einem angeregten Talk mit einem grau gewordenen 68-er bekommen wir 6-7 Weine zu kosten und nehmen dann auch 2 Flaschen Merlot für unsere Freunde in Deutschland mit.
Das Vine Tasting kostet uns fast 1 Stunde Zeit, und ich beginne schon zu fürchten, daß wir dadurch den Sonnenuntergang auf der Golden Gate Bridge verpassen. Aber wir kommen dann auf der 101 gut voran und sind nur ein wenig verspätet. Wir erwischen im dichten Feierabendverkehr gerade noch so die Ausfahrt vor der Brücke, die in den Golden Gate Recreation Park führt - die Stelle, von der die Postkartenbilder bei Sunset gemacht werden. Die Golden Gate Bridge ist halb in den wallenden Pacific-Nebel getaucht, der vom offenen Meer in die Bucht von San Francisco drückt und sieht mit der dahinter sich ausbreitenden Szenerie von San Francisco Downtown phantastisch aus. Wir genießen unseren "Einritt" in die Stadt über die Golden Gate Bridge. Später abends kommen wir in der TraveLodge an und duschen nach mehreren Tagen wieder mal ausgiebig. Die Zivilisation hat uns wieder.
Der Tag ist noch einmal dem Stadtbummel in San Francisco und dem Shopping gewidmet. Wir bekommen auf der Powell Street ein paar schöne T-Shirts, eine preiswerte Jeans für Kerstin und Sonnencreme LSF 45 für mich für die nächsten Urlaube. Wir besuchen das Cable Car Museum und fahren auch zweimal mit der Cable Car. Ich versuche, Kerstin noch den Ausblick auf die Stadt vom America Building aus zu zeigen, doch die Aussichtsetage des Bankgebäudes ist leider nicht mehr öffentlich zugänglich (vor 5 Jahren ging das noch). Heute bleibt einem nur noch die Übertragung der Life-Cam vom Dach des Gebäudes. Wir werden aber mit Tiramisu und Cappuccino im angrenzenden Italiener-Viertel entschädigt. Der Nachmittag vergeht mit einem Bummel auf The Wharf am Bay-Ufer. Zum Abend fahren wir zu einem Irischen Pub - Foley�s - auf der O�Farrel Ecke Powell Street zum Abendbrot-Essen (Salmon + Irish Stout = sehr gut !). Gegen 22:00 Uhr rüstet man zwar mit Instrumenten zum Irish Folk, aber wir können leider nicht bleiben, da wir morgen früh zeitig aufstehen müssen. Die Rucksäcke haben wir schon früh weitgehend gepackt.
Wir stehen früh 7:30 Uhr auf und fahren 9:00 Uhr unser Auto abgeben, das uns außer seinen ungewohnten Automatismen keine Sorgen bereitet hat. Die Abgabe geht problem- und reibungslos vonstatten. Dann sind wir auf dem Flughafen und beginnen unseren langen Heimflug über Chicago, Frankfurt/Main und Dresden nach Chemnitz. Leider kommen wir von Chicago nur mit mehreren Stunden Verspätung los, da bei unserer Ankunft in Chicago unsere Maschine noch gar nicht aus Deutschland kommend eingetroffen ist (die Maschine kommt zwar dann kurze Zeit später an, muß aber erst noch gereinigt und betankt werden). Natürlich kann der Jet diese Verspätung bis Frankfurt auch nicht mehr aufholen. Somit ist unser Anschlußflug nach Dresden weg und am Samstag würde auch nichts mehr gehen. Unser Flughafenzubringer nach Chemnitz wartet auf uns in Dresden vergeblich. So bietet man uns auf Kosten der Fluggesellschaft einen Leihwagen an, den wir notgedrungen akzeptieren. Nach ca. 2 Stunden Warten und Verhandeln haben wir dann den Leihwagen und unser auf irgendeinem Laufband im Untergeschoß des Frankfurter Flughafens abgekipptes Gepäck beisammen und treten völlig übermüdet die Heimfahrt nach Chemnitz an. Nach ca. 4 Stunden anstrengender Autobahnfahrt sind wir gegen 21:00 Uhr wieder zu Hause in Chemnitz.
Mit diesem anstrengenden Finale ist somit wiedermal ein schöner und erlebnisreicher Urlaub in den USA zu Ende gegangen. Die auf vielen Bildern und Dias festgehaltenen schönen Eindrücke und Erinnerungen von diesem Urlaub werden uns helfen, die Zeit bis zu einem eventuellen nächsten Urlaub im "Wilden Westen" zu überbrücken.
Story written by Thomas und Kerstin Frank, 19. März 2000;